werkraum

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Auszug aus einem Brief an einen Freund

(November 2009)

 

(...) Die Menschen brauchen eine Basis! Eine Heimat! Eine Mitte! Halt in ihrem Leben! Wenn man weiß woher man kommt, wo man sich zu Hause fühlt und man hingehört, dann kann man sich viel besser der drehenden Welt stellen.

 

(...)

Der Bua und das Dirndl beim Tanz, das ist wie ein Planetensystem.

Im kleinen Kreis in der Mitte plattelt der Bua.

Ohne ihn, ohne die Mitte, kann das Dirndl nicht drehen

und den großen Kreis um ihn vollziehen.

Sie wüsste nicht wohin sie sich bewegen soll.

Das ganze ist wie im Sonnensystem.

Die Erde um die Sonne.

Das Dirndl um den Buam.

Die Trachtler tanzen das Universum!

Im Großen sowie im Kleinen!

 

(...)

Mir interessiert nicht die exakte Tanzhaltung, der Faltenwurf vom Rock, die Bluse oder das Gesicht! Mir geht es mehr um die Idee! Mir reicht es wenn die Bluse aus zwei weißen Flächen besteht.

Ich erkenne sie als Bluse. Ich erkenne die Figur.

Es ist für mich egal ob die jetzt in einem Tanzsaal ist.

Bei den kleineren Bildern geht es einfach nur um die Haltung, die Wirkung,

die Zusammenstellung der Farbflächen die ein Kleid werden,

die sich auflösenden Schichten,

die Vergänglichkeit der Struktur.

Untere Farbschichten scheinen durch, blitzen auf,

verweisen auf vorher Dagewesenes.

Auf etwas Inneres, was vielleicht zum Vorschein kommen möchte.

Oder auf etwas Bestehendes, das in Begriff ist sich aufzulösen.

Die Figuren bei mir sind eigentlich nicht in Bewegung. Sie verharren eher in einem Augenblick. Die Struktur gibt ihnen Halt. Oder sperrt sie sie ein?!

Oder löst sie sich auf und sie verlieren ihren Halt?

Würde ich einen Raum definieren, das Kleid besonders hervorheben, den Figuren Gesichter verleihen, dann glaube ich lenkt das alles zu sehr ab!

 

Eigentlich gebe ich meinen “philosophischen” Gedanken Form. Weniger bilde ich ab.

Ich gebe eher einer Idee, einem Gefühl ein Bild, als dass ich von Aussen her abmale.

Anhand den Dirndln und Buam kann ich gut meinen Vorstellungen Form geben.

Wenn ich z.B. in Sachrang war, bei einer Plattlerprobe, dann mache ich Erfahrungen, beobachte natürlich die Menschen, aber nicht ihre Materialität, sondern mehr ihr Verhalten, ihre innere Haltung, ihr Wesen.

Das Gefühl, das Gespürte oder das was es in mir auslöste, das möchte ich dann ausdrücken, materialisieren, malen.

Z.B. zeigen die Bilder “tradition-linien” wie Richtlinien die Dirndl durchziehen.

Wie sie in der Struktur der Richtlinien sich auflösen oder bestehen.

Gefängnis oder Stütze? Ich spürte einfach die Präsenz der “unsichtbaren” Traditionslinien/Richtlinien/Muster und Verhaltensweisen, in denen die Menschen so drinstecken.

Und wenn dabei jetzt Bilder entstehen, die noch gefallen,

damit sie aufgehängt und betrachtet werden,

damit der Betrachter in Berührung kommt mit meinem Gespürten, mit meiner Aussage, damit sich was bewegt in ihm.

Dann hat es einen Sinn!

 

(...)

Wenn du mich als Kind gefragt hättest, was ich werden wolle, dann hätte ich gesagt:

“Ich möchte die Welt verändern”.

In einem Heft aus der 1. Klasse steht in meinem Steckbrief bei Berufswunsch:

“Malerin, Lehrerin und Ärztin”.

Ich glaube das bin ich geworden! Ich kann Menschen zwar nicht körperlich behandeln, aber ihnen was für Seele, Herz und Geist geben!

Jemand hatte mal zu mir gesagt, ich wäre zu wenig egozentrisch als ein großer Künstler zu werden, dafür bin ich viel zu sozial. Ich glaube derjenige hatte schon recht. Dann bin ich halt eine “soziale Künstlerin”.

Mich fragte mal mein Lehrer in der Schule, warum ich Bilder male? Jetzt weiß ich es.

Mir geht es weniger um mich,

sondern vielmehr um das was meine Bilder bewegen sollen.

Ich möchte Menschen glücklich machen! Dass es ihnen gut geht!

Dass sie sich Gedanken machen, woher sie kommen, sich nach ihren Wurzeln fragen! Dass sie sich in ihrer Wohnung Zuhause fühlen! Wohlfühlen!

Und das macht mich glücklich, wenn ich das schaffe!

 

(...)

Vielleicht mögen meine Worte euphorisch und träumerisch wirken. Ich stehe dazu.

Es ist mein Antrieb. Es gibt mir Halt, eine Vorstellung von meinem Leben, von meinem Wirken in dieser Welt.

 

Kannst du dich erinnern an mein 1. Semester? Wir sollten ein Lieblingsbild wählen und von dem aus arbeiten. Ich wählte von Caspar David Friedrich “der Wanderer über dem Nebelmeer”.

Ein Zitat von Eichendorff hängte ich dazu auf:

“... und meine Seele spannte,

weit ihre Flügel aus,

flog durch die stillen Lande,

als flöge sie nach Haus”

 

So ist die Sehnsucht nach einem Zuhause, einer Heimat wie zu einem Thema

geworden. Meine Adresse lautet:

Neue Heimat 16 in Bad Endorf

Tja. Ich wohne jetzt in der “neuen Heimat”!

Ich habe mich gefunden!

Ich bin Zuhause!

Daheim in mir!

 

 

 

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